VENEZUELA
Ein neuer
politischer Moment
Juan
Manuel Karg
Seit Beginn des Jahres 2014
ist viel über die politische und soziale Situation
gesprochen worden, die Venezuela angesichts der
gewaltsamen Aktionen durchlebt hat. Sie ergaben sich
aus einem erneuten Versuch, die Regierung von
Nicolás Maduro zu destabilisieren. Dieser Plan, der
von seinen konservativen Führern „Abgang" genannt
wurde, fand Monate später ein paradoxes Ende, als
Ramón Guillermo Aveledo von seinem Posten als
Generalsekretär der Partei „Mesa de Unidad
Democrática" MUD (Tisch der Demokratischen Einheit)
zurücktrat, des bestausgestatteten Gegners der
bolivarischen Regierung.

Die faschistische
venezolanische Opposition scheiterte erneut bei dem
Versuch, durch einen Staatsstreich die
konstitutionielle Regierung des Präsidenten Nicolás
Maduro gewaltsam zu stürzen
Worin besteht der politische
Moment, den Venezuela gerade erlebt? Was hat der
jüngste Kongress der regierenden Vereinigten
Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) beschlossen?
Was sind die Pläne der Opposition?
„Sie haben von „Abgang"
(Salida) gesprochen und diejenigen, die abgegangen
sind, waren sie selber", meinte Nicolás Maduro vor
kurzem ironisch in seinem Radio- und Fernsehprogramm
„En Contacto con Maduro" (In Kontakt mit Maduro) zum
Zustand der venezolanischen Opposition. Worauf bezog
sich das? Auf den Rücktritt von Ramón Guillermo
Aveledo, des Generalsekretärs der MUD, einer
Plattform, die Henrique Capriles zweimal als
Präsidentschaftskandidaten aufgestellt hatte. Eine
der Deutungen Maduros zum Thema besagt, dass der
konservative Flügel der MUD Aveledo wegen dessen
Teilnahme an den Gesprächen mit der bolivarischen
Regierung aus dem Amt gedrängt hat, die diese nach
den gewaltsamen Ausschreitungen im Februar und März
in die Wege geleitet hatte.
Die Oppositionelle María
Corina Machado, zusammen mit Leopoldo Lopez eines
der bekannten Gesichter von dem, was einmal die
Operation „La Salida" war, ist jetzt wieder einmal
dabei, außerhalb des MUD den Aufbau des sogenannten
„Congreso Cuidadano" (Bürgerkongress),
voranzutreiben. Machado vertritt einen radikalen
Flügel innerhalb der venezolanischen Rechten, die
Maduro gegenüber zu keinerlei Konzessionen bereit
ist. In ihrem Diskurs steht das Thema Sicherheit an
erster Stelle und verschiebt damit die anderen
Prioritäten wie die Produktionsstruktur des Landes
und die Teilnahme des Volkes an
Entscheidungsprozessen nach hinten.
Der kürzlich abgehaltene 3.
Kongress der regierenden Vereinigten Sozialistischen
Partei Venezuelas (PSUV) zeigte eine wachsende
Geschlossenheit der Partei hinter der Person von
Nicolás Maduro, der auch zum Parteivorsitzenden
gewählt wurde. Vergessen waren die Briefe des
ehemaligen Ministers Giordani, die von den
konservativsten Medien des Landes aufgegriffen
worden waren, um die Regierungspartei zu spalten.
Die PSUV beschloss auf diesem Kongress, in den etwa
14.000 „Unidades Bolívar Chávez" UBCH
(Bolivarisch-Chavistische Einheiten) organisiert zu
bleiben, Instanzen der politischen Beschlussfassung,
für die sich die Partei im letzten Jahr entschieden
hat. Außerdem betonen die aus diesem Kongress
hervorgegangenen Dokumente, dass „die
multizentrische, pluripolare Welt und die
lateinamerikanische und karibische Einheit den
Frieden und das Gleichgewicht auf dem Planeten
garantieren", womit sie den kürzlich in Brasilien
durchgeführten Unasur-BRICS-Gipfel wieder aufgriffen
und so die Bindungen aufzeigten, die die PSUV mit
anderen Regierungsparteien in Ländern anstrebt, die
den Neoliberalismus hinter sich gelassen haben.
Jetzt wird für Venezuela und
seine öffentliche Meinung die wachsende Spaltung
innerhalb der Opposition deutlich, was allerdings
nichts Neues ist. Im Februar traten angesichts der
gewaltsamen Proteste auf den Straßen, die versuchten,
der Regierung Maduro ein Ende zu setzen, zwei
Tendenzen klar hervor. Die Situation scheint ähnlich,
ist aber weiter gefasst: Capriles kündigt eine Solo-Rundfahrt
durch das Land an, Machado möchte den „Bürgerkongress"
ohne die MUD und Aveledo wird nicht müde zu erklären,
warum er von seinem Posten als Generalsekretär der
MUD zurückgetreten ist. Wie man sieht, gibt es einen
Krieg der Egos und der politischen Orientierung über
die Zukunft des Landes.
Zweifellos wird im Moment,
in dem diese Zeilen geschrieben werden, eine der
größten Herausforderungen der Regierung darin
bestehen, den wachsenden wirtschaftlichen
Spekulationen, die die großen Unternehmen des Landes
in Gang gesetzt haben, den Boden zu entziehen.
Dieser Politik Einhalt zu gebieten, wozu auch die
künstlich erzeugte Knappheit an bestimmten Orten und
der übermäßige Preisanstieg gehören, ist ein
wichtiger Punkt für die Zukunft Venezuelas. Die
erneut gespaltene Opposition wird wieder versuchen,
auf dem Weg über die Wirtschaft das zu erreichen,
was sie auf dem Weg über die Politik nicht vermocht
hat. Sie wird so danach trachten, eine Regierung zu
zermürben, deren wichtigste Stütze weiterhin die
Mehrheit der Bevölkerung ist, auf die ein großer
Teil der politischen Maßnahmen gerichtet ist, die
Maduro seit seinem Amtsantritt ergriffen hat. (ALAI)
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