Borikén, ein Steinchen im Schuh der
Vereinigten Staaten
Am 11. April 1899 tauschten die
Vereinigten Staaten und Spanien die
Ratifikationsurkunden des Pariser Vertrages aus, der
ein Jahr zuvor unterschrieben worden war. Zu den
Ländern, die den Besitzer wechselten, gehörte Puerto
Rico, das bis auf den heutigen Tag eine Kolonie des
US-Imperiums ist
Lídice Valenzuela
García
BORIKÉN
ist der Name, den die Urvölker dem Archipel gaben,
dessen Hauptinsel Puerto Rico ist. Das Land lebt in
diesem 21. Jahrhundert versklavt durch einen
Vertrag, der 1898 von Spanien und den Vereinigten
Staaten unterschrieben wurde, ein Umstand, der auf
großen internationalen Foren Ablehnung erfährt dank
des Widerstandes der nationalistischen Bewegungen
der kleinen Karibikinsel, die seit Jahrzehnten für
die Erlangung ihrer Unabhängigkeit kämpft.
Washington, das sich weigert, die Souveränität den
Boricuas zurückzugeben, die sich, seit Christoph
Kolumbus 1493 dort an Land ging, in ausländischer
Hand befanden, hält seine Bürgerschaft in einer Art
juristischem Schwebezustand. Das mächtige Imperium
des Nordens lässt Puerto Rico nicht als einen seiner
Staaten zu, gibt es aber auch nicht seinen legitimen
Eigentümern zurück, da die USA großes Interesse an
dieser Enklave haben, unter anderem aus
militärischen Gründen. Von daher war es für ihre
Zwecke die beste Idee, sie pompös zum Freien
Assoziierten Staat zu erklären.

In der Grafik sieht man die
US-Militärbasen in Puerto Rico. Die Vereinigten
Staaten bemächtigten sich Ende des 19. Jahrhunderts
mit Gewalt dieser Antilleninsel, indem sie die
Schwäche des spanischen Kolonialreichs ausnutzten
Am 11.
April 1899 tauschte die US-Regierung mit dem
spanischen Königreich die Ratifizierungsurkunden des
Pariser Vertrages aus, der ein Jahr zuvor in der
französischen Hauptstadt auf allerhöchster Ebene als
krönender Abschluss ihrer Einmischung in den
hispano-kubanischen Krieg unterschrieben worden war.
Mit diesem Dokument konnten sich die USA
verschiedene Gebiete aneignen, die für die neue
Geopolitik, die sie für die karibische Region des
20. Jahrhunderts entworfen hatten, wichtig waren.
Mit
dieser scheinbar diplomatischen Geste bemächtigten
sich die USA auch der restlichen spanischen
Besitztümer in der Karibik und in der pazifischen
Region, nämlich Puerto Ricos, Kubas, Guams und der
Philippinen. Was Kuba anging, so planten die
damaligen Strategen, dessen Territorium zu besetzen,
um den Kreolen später eine Unabhängigkeit zu
gewähren, die sie bereits auf dem Schlachtfeld gegen
die Spanier gewonnen hatten. Die angebliche Rettung
durch die Ankunft der Schiffe des Imperiums prägte
die Geschichte dieses Landes, das sich von da an bis
1959 den politischen und ökonomischen Interessen
Washingtons unterordnen musste.

Seit dem Tag, an dem Präsident
William McKinley den Vertragstext in Paris
unterzeichnete, ist Puerto Rico ein Steinchen im
Schuh der Vereinigten Staaten
Mit der
Unterschrift unter das Pariser Dokument wurde der
hispano-kubanische Krieg für beendet erklärt. Das
imperiale Regime nutzte seinen Zugriff auf Kuba, um
weiter zu expandieren, nachdem es sich fast 100
Jahre lang unter verschiedenen Doktrinen trickreich
Gebiete angeeignet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte
es unter anderem bereits Louisiana, Oregon,
Kalifornien, Texas und New Mexico gekauft, aber sein
Ehrgeiz führte es in die Karibik unter dem Schutz
einer Flotte, die von seiner militärischen Macht
zeugte.
EIN
STEINCHEN IM SCHUH
Seit
Präsident William Mc Kinley den Pariser Vertrag
unterzeichnet hatte, ist Puerto Rico ein Steinchen
im Schuh der Vereinigten Staaten, auch wenn in
Volksabstimmungen über eine eventuelle
Wiedererlangung der Souveränität die Mehrheit der
Bevölkerung diese wegen der wirtschaftlichen
Abhängigkeit des Freien Assoziierten Staates und der
mehrere Generationen währenden Durchdringung mit
US-Kultur ablehnte.
Aber
die Puerto-Ricaner, die eine unabhängige Nation
wollen, kämpfen seit Jahrzehnten einen ungleichen
Kampf, um die Freiheit der Insel wieder zu erlangen.
Dazu setzen sie verschiedene Kampfesformen ein, von
Aktionen auf der Straße bis zu Diskussionen in der
UNO über diesen obsoleten Fall einer
Kolonialisierung im 21. Jahrhundert.

Protestmarsch für die Unabhängigkeit
in San Juan, der puerto-ricanischen Hauptstadt. Die
Unabhängigkeitsbewegung innerhalb des
puerto-ricanischen Volkes wird immer stärker
Die
neuen demokratischen Regierungen in Lateinamerika
und der Karibik haben sich den Bemühungen derer
angeschlossen, die die vollständige Freiheit des
Freien Assoziierten Staates von den Vereinigten
Staaten wünschen. Es gibt wichtige Zeichen der
Solidarität mit den Puerto-Ricanern. Ein Beispiel
dafür sind die Abstimmungen im UNO-Komitee für
Dekolonialisierung zugunsten der Souveränität für
die Insel und die Unterstützung in anderen
internationalen Foren, wie der Gemeinschaft
Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten
(CELAC), der größten einenden und integrativen
Kraft, die zur Zeit in diesem Teil der Welt besteht.
Im
letzten Jahr behandelte das UNO-Komitee zur
Dekolonialisierung erneut auf Antrag Kubas hin, das
mit Puero Rico die Geschichte und die geographische
Nähe gemeinsam hat, und unter der Schirmherrschaft
anderer lateinamerikanischer Staaten die Situation
Puerto Ricos. Das ist eine diplomatische Übung, die
vor dieser Instanz seit mehr als drei Jahrzehnten
durchgeführt und von Washington nicht beachtet wird.

Der politische Gefangene Oscar López
Rivera ist seit 32 Jahren in den USA im Gefängnis.
Sein einziges Verbrechen besteht darin, die
Unabhängigkeit für sein Land zu wollen
Vor den
Delegierten der 193 Staaten, die dieser
Weltorganisation angehören, stellte der turnusmäßige
Vertreter Kubas vor der UNO, Oscar León, einen
Resolutionsentwurf über das unveräußerliche Recht
Puerto Ricos auf freie Selbstbestimmung und
Unabhängigkeit vor, der auch von Venezuela,
Nicaragua, Bolivien und Ecuador miteingebracht
wurde.
Das war
ein Vorgang, den die UNO bereits kannte. Das Recht
der Puerto-Ricaner auf ihre Souveränität ist seit
1972 in 31 angenommenen Resolutionen und Beschlüssen
von dieser Instanz anerkannt worden.
Trotzdem bekannte León, dass es in all diesen Jahren
auf der Suche nach einer definitiven Lösung der
bestehenden kolonialen Situation, die den
Puerto-Ricanern erlauben würde, frei über ihre
politische Verfassung zu bestimmen und ohne
Einmischung von außen ihre politischen,
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Vorstellungen zu verwirklichen, wenig Fortschritte
gegeben habe.
Im
Resolutionsentwurf wurde der Präsident der
Vereinigten Staaten außerdem aufgefordert, die
politischen Gefangenen Oscar López Rivera, seit 32
Jahren im Gefängnis, und Norberto González Claudio
freizulassen, die beide ungerechte Strafen für ihren
Unabhängigkeitswillen erleiden.
Die
Aufnahme des Themas Puerto Rico in den 2.CELAC
Gipfel, der in Havanna stattfand, stärkte den
Bemühungen der puerto-ricanischen Patrioten den
Rücken. Vertreter der politischen Bewegungen für die
nationale Souveränität Puerto Ricos reisten als
Gäste nach Havanna, um an den Aktivitäten
teilzunehmen, die den Gipfel begleiteten.
„Wir
bekräftigen den lateinamerikanischen und karibischen
Charakter Puerto Ricos und beziehen uns dabei auf
die Resolutionen zu Puerto Rico, die vom
Sonderkomitee für Dekolonialisierung der Vereinten
Nationen angenommen wurden und bestätigen, dass dies
eine Angelegenheit im Interesse der CELAC ist“ ,
heißt es in der Abschlusserklärung des Gipfels, die
von 29 Staats- und Regierungschefs verabschiedet
wurde, die in der kubanischen Hauptstadt zusammen
gekommen waren.
Der
Kampf für die Befreiung Puerto Ricos ist lang und
schwierig. Die Vereinigten Staaten sind ein
mächtiger Feind, der hinter den Kulissen regiert und
sich dieses Juwel aus der karibischen Krone nicht
wegnehmen lassen wird. Er wird sich aber auch nicht
über die Gefühle eines großen Teiles der vier
Millionen Puerto-Ricaner hinwegsetzen können, die
auf der Straße und in der Öffentlichkeit
protestieren, in einem immer wieder neu
aufgenommenen Kampf, der irgendwann Puerto Rico in
die freien Länder der Karibik einreihen wird.
(Entnommen aus Cubahora) •
PUERTO
RICO, offiziell Frei Assoziierter Staat von Puerto
Rico, ist von dem UNO-Komitee für Dekolonialisierung
als ein Kolonialfall angezeigt worden und sein Volk
hat einen langen Kampf für die Anerkennung seiner
Unabhängigkeit geführt. Es ist ein Archipel, der aus
einer großen Insel und anderen angrenzenden
kleineren Inseln besteht. Die Hauptstadt des Landes
ist San Juan de Puerto Rico. •
DIE
VEREINIGTEN STAATEN griffen in die puerto-ricanische
Geschichte ein, als sie am 25. Juli 1898 während des
hispano-kubanisch-amerikanischen Krieges auf der
Insel einmarschierten. Am 10. Dezember 1898 wurde
der Vertrag von Paris in Abwesenheit der Vertreter
des Territoriums, um das es ging, unterzeichnet.
Durch ihn wurden Puerto Rico und die restlichen
Kolonien des spanischen Imperiums (Kuba und die
Philippinen) am 11. April 1899 an die Vereinigten
Staaten übergeben.
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