DIE Nachricht traf die Kultur des Landes mit
ihrem ganzen Gewicht: Juan Formell, der legendäre
Dirigent, Bassist, Arrangeur, Komponist und Sänger
der Los Van Van, verstarb plötzlich am 1. Mai
während eines Krankenhausaufenthaltes in Havanna. Er
war 71 Jahre alt und hatte sein gesamtes Leben der
Aufgabe gewidmet, aus der Musik eine Art populärer
Unterhaltung und geistiger Bereicherung zu machen.
Seine Asche wurde am 2. Mai in der Lobby des
Nationaltheaters aufgestellt, in das das Volk kam,
um ihm seine verdiente letzte Ehre zuteil werden zu
lassen.
Kränze des historischen Führers der kubanischen
Revolution Fidel Castro und des kubanischen
Präsidenten Raúl Castro wurden neben der Asche des
beliebten Musikers niedergelegt.
Persönlichkeiten der Regierung und des Staates
Kubas, der Kultur, Verwandte und Freunde gaben dem
verdienstvollen Künstler das letzte Geleit, dessen
Vermächtnis, wie sie versicherten, für immer als
Teil der kubanischen Identität lebendig sein wird.
Miguel Díaz-Canel, Erster Vizepräsident des
Staats- und des Ministerrates, unterzeichnete das
Kondolenzbuch und hob die großen musikalischen
Beiträge Formells und dessen Treue zur Revolution
und zum Volk der Insel hervor.
Formell starb an den Komplikationen eines
Leberleidens, das ihn zu einer Einlieferung ins
Krankenhaus zwang, erklärte sein Sohn Samuel Formell
gegenüber der Agentur EFE.
EIN AUSSERGEWÖHNLICHES TALENT
Formell wurde am 2. August 1942 in Havanna
geboren. Seinen ersten musikalischen Unterricht
erhielt er von seinem Vater, Francisco Formell. Er
führte das Studium später als Autodidakt weiter. In
seiner Ausbildung als Komponist und Instrumentist
der Bassgitarre konnte er auf die Anleitung durch
solche verdienstvollen Musiker wie Félix Guerrero,
Rafael Somavilla, Armando Romeu, Antonio Taño und
Orestes Urfé zählen.
In seiner professionellen Laufbahn arbeitete er
in verschiedenen Musikgruppen, unter ihnen der von
Pedro Jústiz (Peruchín), der von Guillermo Rubalcaba
und dem Orchester von Carlos Faxas, wo er seine
ersten Beiträge im Orchestrieren und Komponieren
solcher Titel wie „Y ya lo sé", „De mis recuerdos",
„Lo material" und „Yo soy tu luz", leistete, die die
kubanische Sängerin Elena Burke interpretierte.
Wichtig für seine künstlerische Entwicklung war
sein Eintritt in das Orchester Revé im Jahr 1967, wo
er bereits wertvolle stilistische und strukturelle
Beiträge für die kubanischen Charanga-Orchester
leistete. Hierzu zählen die Einbeziehung des
E-Basses und des Synthesizers und die Ersetzung des
Kontrabasses und des Klaviers, die rhythmische
Bearbeitung sowie die akkustische Verstärkung der
Geigen, der Einsatz der Querflöte und des
Schlagzeugs, welche die Querflöte mit fünf Klappen
und die Timbales ersetzten, der dreistimmige Gesang
anstatt des einstimmigen und viele andere Neuerungen
mehr.
Schöpfungen wie „El martes", „Yuya Martínez",
„Qué bolá, qué bollón", „La flaca", „Te lo gastaste
todo" und „El jueves" sind einige der
repräsentativsten Titel dieser Etappe. In jenen
Jahren führte er seine Arbeit mit Elena Burke fort
und interpretierte auch wieder seine Werke, indem er
sich mit der Gitarre begleitete, wie er es bei
seinen ersten künstlerischen Auftritten, als er noch
ein Amateur-Liedermacher war, getan hatte.
Ende 1969 gründete er das Orchester Los Van Van,
mit dem er seine umfassende schöpferische Arbeit
fortsetzte. Nun stützte er sich hauptsächlich auf
die maximale Ausnutzung der Ausdrucksmöglichkeiten
des Son. Aus dieser Ausrichtung entstand der Songo,
eine Bezeichnung, die er und José Luis Quintana
(Changuito) einem neuen Rhythmus gaben, der für sein
weiteres Schaffen maßgebend war. 1981 führte er die
Posaunen in sein Charanga-Orchester ein, um das
zentrale Register seines Orchesters zu verstärken.
Formell und sein Orchester machten zahlreiche
Schallplattenaufnahmen bei EGREM und anderen Firmen
und erhielten im Jahr 1999 den Grammy-Preis mit
ihrer CD „Llegó… Van Van" (Van Van ist da).
Im März 2010 wurde ihm der Ehrendoktortitel der
Kunsthochschule verliehen, in Anerkennung seines
Beitrags zur kubanischen Kultur und insbesondere
seiner Arbeit an der Spitze des führenden Orchesters
der kubanischen Tanzmusik der Insel.
Außerdem beschloss im Jahre 2013 die Academia
Latina de Grabación, ihn mit dem Sonderpreis für
Hervorragende Musikalische Leistungen auszuzeichnen,
eine Ehrung, mit der „Künstler, die in ihrer
Laufbahn bedeutende schöpferische Beiträge geleistet
haben" gewürdigt werden. Über ihn sagte die Akademie
damals: „Juan Formell ist die wahre Definition eines
Bahnbrechers der Musik."
Beim Empfang des Latin Grammy sagte Formell: „Mein
Leben war vollkommen der Musik gewidmet und gewinnt
nur Sinn, wenn die Leute diese zu ihrer eigenen
machen und sie genießen. In künstlerischer Hinsicht
habe ich mehrere Preise erhalten, unter ihnen den
Nationalpreis für Musik, der mich mit Stolz erfüllt.
Ich danke der Academia Latina für die Geste, mich zu
ehren, insbesondere, weil eine Anerkennung dieser
Art nicht nur mein Werk und das der Los Van Van in
dieser Hemisphäre potenziert, sondern auch die
Avantgarde der kubanischen Musik."