ÖKOSYSTEME
IN KUBA
Zwischen Meer
und Bergen
Joaquín Rivery Tur

Die Korallenriffe sind
vom Meer aus die erste ökologische Barriere
IM heiligen Buch der Maya heißt es,
die Götter hätten den Menschen aus Mais erschaffen.
Im Wesentlichen wird wohl mit der Legende die
Vermutung zum Ausdruck gebracht, dass die Umwelt den
Menschen formt.
Eine wichtige Erkenntnis, denn
Umwelt und Leben sind unzertrennlich verbunden. Zur
Beschreibung dieser Wechselwirkung wurde das Konzept
der Ökosysteme entwickelt, die Einheit von Lebewesen
und Lebensraum, wo sich alles abspielt und
entwickelt.
Kuba beherbergt als herrlicher
tropischer Archipel verschiedene umfangreiche
Ökosysteme. Sie erstrecken sich vom Meeresboden bis
hin zu den Berggipfeln, welche die äußersten Enden
einer Naturlandschaft darstellen, die eine Nation
mitgeformt und geprägt hat.
Die große Vielfalt ist schon bei der
Annäherung vom Meer her zu beobachten, beim Tauchen
oder wenn man sich mit einem Schiff dem Ufer nähert,
von Bord geht und dieses Land betritt, wenn man die
modernen und die alten Städte besucht, die Savannen
und Gebirge aufsucht, sich unter die Erde begibt
oder die Wälder durchstreift. Die Inseln und Riffe
sind eine unerschöpfliche Quelle für den
Wissensdurst von Neugierigen, Touristen, Geographen,
Höhlenforscher, Geologen, Biologen ...
Die Kuba umgebenden Gewässer zeigen
verschwenderische Pracht: die Meere, verewigt von
Ernest Hemingway in seinen Geschichten und Berichten
über Marlins und den Großen Golfstrom und die
fabelhaften feinsandigen Strände unter der glühenden
Sonne.
UNTER WASSER
Diejenigen, die es wagen, die Wunder
zu erforschen, die in Ufernähe unter der
Wasseroberfläche verborgen sind, entdecken eine von
Korallen bestickte Welt und eine endlose Bewegung
von Formen, die das Leben in diesen tiefen und
flacheren Gewässern des Festlandsockels angenommen
hat.
Hier eröffnet sich einem eine Welt
von Schätzen. Es gibt gigantische Gebilde von
Steinkorallen in verschiedenen Riffformen, immer in
perfekter Symbiose mit Fischen, Algen, Schwämmen,
Gorgonien, Seescheiden, Weich- und Krebstieren. Ein
in allen Farben schillerndes Reich, das sich fast
über den gesamten Rand der 3.200 km langen Plattform
erstreckt .
Wer würde nicht staunen beim Anblick
der Schönheit einer Korallenlandschaft, in der die
Natur ihre riesige Farbpalette geleert zu haben
scheint? Die Nesseltiere haben hier überaus
phantastische und sehr nützliche Formationen
gebildet, denn sie schützen die Küste vor Orkanen,
sind der Lebensraum einer Vielzahl von Arten und
gleichzeitig eine einwandfreie Fabrik von Sand
bester Qualität für die Strände.
Die kubanische Hauptinsel ist von
mehr als 4.000 kleinen und kleinsten Inseln umgeben,
die eigene Ökosysteme bilden. Die meisten
verzeichnen kaum menschliche Präsenz, aber einige
sind über den Tourismus in das Wirtschaftsleben des
Landes einbezogen worden. Dies sind die Inselgruppen
Los Canarreos, Jardines de la Reina, Los Colorados
und Jardines del Rey.
Die Grenze zwischen Meer und Land
bilden die Strände, Mangroven-Wälder und
Feuchtgebiete. Letztere sind beeindruckende
Ökosysteme, geprägt von lautem Vogelgeschrei, einer
Fülle von Mangroven, Lagunen, Flussmündungen, Auen
und Süßwassersumpfwäldern.
Das größte Feuchtgebiet Kubas ist
die Ciénaga de Zapata, das Sumpfgebiet der Halbinsel
Zapata. Es ist auch das größte der Karibik und wurde
von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt.
Weitere bedeutende sind das von Lanier, auf der
Insel der Jugend, und Birama, im Delta des Flusses
Cauto, sowie andere kleinere in verschiedenen
Provinzen.
Im Zapata-Sumpf befindet sich die
größte Aufzuchtstation des endemischen Kuba- oder
Rautenkrokodils (Crocodylus rhombifer). Zwei
Vogelarten gibt es nur hier, und nur in einem sehr
kleinen Lebensraum: die Kubaralle (Cyanolimnas
cerverai) und den Kubazaunkönig (Ferminia cerverai).
Unter der Erde gibt es in den
Berggebieten, aber auch im Flachland, viele Höhlen,
die Kuba zu einem Paradies für Höhlenforscher
machen. In der westlichen Provinz Pinar del Rio
befindet sich das längste Höhlensystem der Insel. In
einer Höhle der Berge Zentralkubas findet man einen
der höchsten Stalagmiten der Welt und in der
nördlichen Ebene, im Caguanes-Nationalpark, liegt
ein Höhlensystem, das durch seine Horizontalität
überrascht.
EBENEN UND BERGE
Auf dem Festland der beiden größten
Inseln des Archipels (Kuba und Insel der Jugend)
beobachten wir zwei klar definierte Arten von
Ökosystemen: die der Ebenen und die der Berge.
Die Ebenen nehmen die größte Fläche
ein und sind die Landschaft, die, historisch
gesehen, vom Menschen zum Zweck des Pflanzenbaus und
der Tierzucht am meisten verwandelt wurde.
Bevor man zu den Bergen kommt,
trifft man auf zwei unterschiedliche Arten von
Flachland, die Küstenkalksteinlandschaft (nicht die
anbaufähige Fläche, die mehr im Inland liegt) und
die Meeresterrassen. Beispiele für erstere sind die
Halbinsel Guanahacabibes und der südliche Teil der
Insel der Jugend.
Die Meeresterrassen sind
Landschaftselemente mit markanten Reliefs. Die
kubanischen gehören zu den größten und am besten
erhaltenen der Welt. Hervorzuheben sind die von
Maisí (im äußersten Osten Kubas) und Cabo Cruz, am
westlichen Rand der Sierra Maestra. Diese
Formationen haben bis zu 24 Stufen mit sehr steilen
Steigungen von 80 bis 100 Metern.
Bei Maisí sind die Arawak-Stämme,
hier Tainos genannt, ins Land gekommen und haben die
Siboneyes nach Westen verdrängt. Auf jenen
Terrassen, die von starken Winden gepeitscht werden,
gibt es genügend archäologische Stätten, die
beweisen, dass lange vor der Ankunft der spanischen
Eroberer genau dies der Punkt der Ankunft vieler
Ureinwohner war.
Von dort aus erstreckt sich entlang
der Nordküste die Bergkette Nipe-Sagua-Baracoa mit
den meisten unberührten Wäldern, den saubersten
Flüssen und einer Biodiversität, die auf den
karibischen Inseln einzigartig ist. Dort befinden
sich das Biosphärenreservat Cuchillas de Toa und der
Nationalpark Alexander von Humboldt.
Das Sierra-Maestra-Gebirge hingegen
erstreckt sich an der Südküste der östlichen
Provinzen. Hier befinden sich die Nationalparks
Desembarco del Granma und Turquino. Ihre Berge und
Wälder waren der Schauplatz des Guerillakampfes
unter der Leitung von Comandante en Jefe Fidel
Castro, der zum Sturz der Diktatur von Fulgencio
Batista führte, trotz der Unterstützung, die dieser
aus den Vereinigten Staaten erhalten hatte.
Weiter westlich, in Zentralkuba,
finden wir das Guamuhaya- oder Escambray-Gebirge,
das vielleicht am meisten durch die menschlichen
Aktivitäten verändert ist.
Schließlich, im Westen, befindet
sich die Bergkette Guaniguanico mit der
kennzeichnenden Silhouette der Kegelfelsen, genannt
Mogotes, im Tal von Viñales. Darin liegt das
Biosphärenreservat Sierra del Rosario.
Es bliebe nur das Hauptelement aller
dieser ökologischen Systeme zu erwähnen: das
kubanische Volk, das in ihnen lebt und sein
historisches und kulturelles Erbe schützt.
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