Juan Carlos Tabío:
Film-Nationalpreis 2014
DAS kubanische Filminstitut ICAIC würdigte den
angesehenen Regisseur Juan Carlos Tabío mit der
höchsten Auszeichnung, die diese Einrichtung
jährlich verleiht, dem Nationalen Filmpreis.
Tabío, der die Mehrzahl seiner Werke innerhalb
des ICAIC ausführte, war zusammen mit Tomás
Gutiérrez Alea Koregisseur von „Erdbeer und
Schokolade" (1993), des einzigen kubanischen Films,
der für den Oskar nominiert worden war.
Er wurde am 3. November 1943 geboren. 1961 begann
er seine Arbeit im ICAIC als Produktionsassistent
und später als Regieassistent. Von 1963 bis 1980
führte er bei über 30 Dokumentarfilmen die Regie.
Daneben wirkte er an den Drehbüchern mehrerer
wichtiger Filme des kubanischen Filmwesens mit.
Der Regisseur und Drehbuchautor sagte 1984 über
seine Arbeit mit Gutiérrez Alea in einem Interview
mit der Zeitschrift Caimán Barbudo: „Mit Titón
verbindet mich eine berufliche und freundschaftliche
Beziehung […]. Eines Tages sagte er mir, dass dafür,
was ich behandeln wollte, die Erscheinung des
Wohnungstausches ein guter Vorwand sein könnte, weil
mir das die Möglichkeit geben würde, von den
Menschen zu erzählen, die heute in Kuba leben, und
so entstand der Film". 1983 wurde der erste
Spielfilm von Tabío uraufgeführt, eine Komödie mit
dem Titel „Se permuta" (Wohnungstausch).
Mit diesem Film machte der Regisseur einen
Volltreffer im kubanischen Filmwesen und erlangte
den Dritten Coral-Preis im Internationalen Festival
des Neuen Lateinamerikanischen Films. Der Film
erhielt auch den Preis für die beste weibliche
Darstellung (Isabel Santos) im Internationalen
Festival von Río de Janeiro, Brasilien.
In Erklärungen gegenüber der Zeitschrift Cuba
über die Gründe, die ihn dazu veranlasst hatten,
sagte Tabío: „In dem Moment, wenn man Dinge sagen
will, die mehr oder wenige jedermann kennt ... dann
heißt das, dass das Problem (unser Problem) des
Filmschaffens (unseres Filmschaffens) nicht darin
besteht, etwas zu entdecken, sondern vielleicht ganz
im Gegenteil. Alle Welt weiß, dass der Mond und der
Bazillus von Koch existieren, aber erst, wenn man
ein Foto sieht, das von einem künstlichen Satelliten
aus gemacht wurde, und man durch ein Miskroskop
schaut, beginnt man, sie wahrzunehmen.
Diese neue Form des Wissens bringt ihrerseits die
Notwendigkeit eines Bewusstseins hervor, die immer
dringender wird, und die durch die operativen Medien
des Wissens oder der Entdeckungen auf Schritt und
Tritt erzeugt wird.
Sein Filmschaffen, das sich auf das Genre Fiktion
konzentriert, umfasst Klassiker wie Se permuta
(1983), Plaff (1988), Guantanamera (1995) und Lista
de espera (Warteliste)(1999). Sein neuester
Langspielfilm, El cuerno de la abundancia (2009)
(Das Füllhorn), wurde mit 250.000 Zuschauern in fünf
Wochen Vorführung in Havanna zu einem Erfolg der
Kritik und des Publikums.
Von 1989 bis 1990 war Tabío Dozent für Drehbuch
und Filmregie in der Internationalen Schule für Film
und Fernsehen von San Antonio de los Baños und in
der Schule für Radio, Film und Fernsehen, die sich
beide in Kuba befinden. Er leitete Workshops in
Drehbuch, Regie und Dramaturgie in mehreren Ländern
(Mexiko, Costa Rica, Panama) und seine Filme haben
nationale und internationale Preise errungen.
Mauricio Abreu, Kritiker, Herausgeber und
Journalist, drückte bei einer Gelegenheit aus: „Satire,
Kritik, Humor… sind von Juan Carlos Tabío in seinen
letzten Filmen in gleichem Maße benutzt worden (Se
permuta, Dolly back und La entrevista (Das Interview)).
Plaff, sein zweiter Langspielfilm […] entspricht
auch dieser Arbeitslinie. Damit die Kohäsion dieser
Genres gelingt, stellt er den Aufnahmen einen
Aushang voller Rechtfertigungen voran, in dem darauf
zu schließen ist, dass der Film „nicht besonders gut
gemacht" worden ist. Dieses löbliche Mittel dient
dazu, den Zuschauer zu überraschen, das Lachen und
Nachdenken anzuregen".
Mit dem Film Guantanamera, dessen Regie er
zusammen mit Titón führte, erlangte er ebenfalls bei
verschiedenen internationalen Wettbewerben eine
großartige Aufnahme. Beweis dafür sind der
Popularitätspreis im Festival des Latino-Films von
Chicago; der Große Preis Sud Quest des Publikums des
Internationalen Festivals für Film und Kulturen
Lateinamerikas von Biarritz, Frankreich; und der
Jury-Preis im Internationalen Filmfestival von Viña
del Mar, Chile. Als Wettbewerbsteilnehmer am
bedeutendsten Film-Event der Insel, dem Festival von
Havanna, erlangte er den Zweiten Coral-Preis.
Der Film-Nationalpreis wurde im Jahr 2003
eingerichtet und wird verliehen, um das Werk von
lebenden und in Kuba wohnenden kubanischen
Regisseuren, Schauspielern, Schauspielerinnen,
Drehbuchautoren, Musikern und Fotografen zu ehren.
Der Erste, dem diese Auszeichnung verliehen wurde,
war der Filmschaffende Alfredo Guevara, Gründer und
Leitfigur des ICAIC über fast vier Jahrzehnte hinweg.
(Redaktion Granma Internacional)