Kuba strebt einen respektvollen
auf Gegenseitigkeit und Gleichheit beruhenden Dialog
mit den Vereinigten Staaten an
• Heute beginnt eine zweitägige
Gesprächsrunde, um die Wiederaufnahme der
diplomatischen Beziehungen,
Migrationsangelegenheiten und andere Themen von
beiderseitigem Interesse zu besprechen
Sergio Alejandro Gómez
Kuba und die Vereinigten Staaten leiten heute in
Havanna Gespräche auf der höchsten Ebene seit
Jahrzehnten ein, um den Weg für die Wiederaufnahme
diplomatischer Beziehungen zu eröffnen und Themen
beiderseitigen Interesses zu behandeln.
Eine
Quelle des Außenministeriums (Minrex) teilte der
Presse mit, dass Kuba mit konstruktivem Geist zu
diesen Treffen gehe, um einen respektvollen, auf
souveräner Gleichheit und Gegenseitigkeit
beruhenden Dialog zu führen, ohne dass die
nationale Unabhängigkeit und die Selbstbestimmung
des kubanischen Volkes beeinträchtigt werden.
„Wir erwarten nicht, dass während eines einzigen
Treffens alles gelöst werden kann“, hieß es aus der
diplomatischen Quelle, nachdem sie ausgeführt hatte,
dass Kuba und die Vereinigten Staaten erste Schritte
unternähmen, um die vor mehr als 50 Jahren
abgerissenen Beziehungen wiederaufzunehmen. „Die
Normalisierung der Beziehungen ist ein viel längerer
und komplexerer Prozess, in dem Themen von
beiderseitigem Interesse angesprochen werden.“
Sie fügte hinzu, dass die von Präsident Barack Obama
ergriffenen Maßnahmen in die richtige Richtung
gingen, aber es fehle immer noch viel, um bei Themen
wie der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade,
die dieses Land einseitig über Kuba verhänge,
vorwärtszukommen.
Der Diplomat erklärte, dass nach den Ankündigungen
der Präsidenten Barack Obama und Raúl Castro am
vergangenen 17. Dezember beide Seiten
übereingekommen seien, die Tagesordnung der für
diesen Zeitpunkt vorgesehenen Gespräche über
Migrationsangelegenheiten entsprechend zu verändern.
Am Mittwoch und Donnerstag werden drei Treffen
stattfinden mit dem Ziel, das Migrationsthema, den
Beginn des Prozesses der Wiederaufnahme der
diplomatischen Beziehungen und andere
Angelegenheiten der Zusammenarbeit und des
beiderseitigen Interesses zu behandeln.
Die US-Delegation wird durch die stellvertretende
Außenministerin für Angelegenheiten der Westlichen
Hemisphäre Roberta Jacobson geleitet, die höchste
Funktionsträgerin, die Kuba seit den 70er Jahren des
vergangenen Jahrhunderts besucht hat.
Die kubanische Seite wird durch die für die
Vereinigten Staaten zuständige Generaldirektorin im
kubanischen Außenministerium Josefina Vidal Ferreiro
vertreten.
Migrationsangelegenheiten
Am Mittwoch werden sich die Gespräche auf die
Einhaltung der Migrationsvereinbarungen
konzentrieren.
Kuba wird die US-Delegation über den Verlauf der im
Januar 2013 ergriffenen Maßnahmen zur Aktualisierung
der kubanischen Migrationspolitik und deren
Auswirkung auf den Zustrom von Menschen zwischen
beiden Ländern informieren.
Bei diesem ersten Treffen wird die kubanische Seite
ihre tiefe Besorgnis über den Fortbestand der
Politik der „trockenen Füße/nassen Füße“ und des
Cuban Adjustment Acts zum Ausdruck bringen, die den
hauptsächlichen Anreiz für die illegale Auswanderung
darstellten, hieß es aus der gleichen Quelle.
Der Diplomat brachte auch seine Ablehnung der 2006
durch den Ex-Präsidenten George W. Bush eingeführten
Politik zum Ausdruck, den Fachkräften des
kubanischen Gesundheitssystem einen Wohnsitz in den
Vereinigten Staaten zu garantieren, wenn sie ihre
Mission in Drittländern verlassen.
Es werde auch Zeit sein, über bilaterale
Zusammenarbeit bei der Handhabung der illegalen
Auswanderung, des Menschenhandels und des
Dokumentenbetrugs zu reden.
„Kuba wird sein Interesse zum Ausdruck bringen, die
Zusammenarbeit mit US-Behörden auf diesem Gebiet zu
verstärken, besonders was die Handhabung der
illegalen Ausreise betrifft .“
Der
Beginn eines neuen Kapitels
Am Donnerstagmorgen wird das Treffen stattfinden,
das sich der Wiederaufnahme der diplomatischen
Beziehungen und der Eröffnung von Botschaften
widmet.
„Wir werden darüber sprechen, wie wir die
Beziehungen wieder aufnehmen“, sagte die
diplomatische Quelle, die hinzufügte, dass man auch
über die Grundsätze spreche, auf denen diese
Beziehungen sich gründen werden.
„Die kubanische Delegation wird hervorheben, dass
die Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen
und die Eröffnung von Botschaften in beiden
Hauptstädten auf den Prinzipien des Völkerrechts
basieren muss, wie es in der Charta der Vereinten
Nationen und der Wiener Konvention festgelegt ist“,
führte sie weiter aus.
Die Einhaltung dieser Dokumente, die beide Länder
unterzeichnet haben, bedeutet gegenseitige
Respektierung des politischen und ökonomischen
Systems jedes einzelnen der beiden Länder und die
Vermeidung jeder Art von Einmischung in die inneren
Angelegenheiten der beiden Länder.
Diese Prinzipien sind im wesentlichen die souveräne
Gleichheit, die Regelung der Kontroversen mit
friedlichen Mitteln, sich jeglicher Androhung oder
Anwendung von Gewalt gegen die territoriale
Integrität oder die politische Unabhängigkeit eines
jeden der beiden Staaten, wie auch gegen die
Gleichberechtigung und die Selbstbestimmung der
Völker zu enthalten und sich nicht in
Angelegenheiten der internen Rechtsprechung der
Staaten einzumischen.
Ein Teil des Austausches werde auch das Verhalten
betreffen, das die diplomatischen Missionen pflegen
müssen und die Funktionen, die sie entsprechend der
Wiener Konvention ausüben.
„In diesem Zusammenhang werden wir auch die
Banksituation der kubanischen Mission in Washington
ansprechen, die schon seit fast einem Jahr ohne
Bankdienstleistungen auskommen muss“, sagte der
Diplomat und fügte hinzu: „Wenn man Botschaften
eröffnen will, müssen diese Dinge gelöst werden.“
Er sagte weiter, dass Kuba Leitlinien aufstellen
oder wenigstens Themenbereiche vorlegen werde, die
in einem Prozess zur Normalisierung hin behandelt
werden müssen.
„Es ist widersinnig, Beziehungen wiederherzustellen,
solange Kuba weiterhin ungerechterweise auf der
Liste der Staaten steht, die den internationalen
Terrorismus fördern.“
Ebenso sei es wesentlich, wenn es einen Willen zur
Normalisierung der Beziehungen gebe, die
Wirtschafts- Handels- und Finanzblockade, die immer
noch bestehe, aufzuheben. „Man muss über die
Entschädigungen für die Schäden sprechen, die durch
eine seit mehr als 50 Jahren anhaltende Politik
entstanden sind“, sagte er.
„Das sind Themen, die wir in eine Tagesordnung
einbringen müssen, die auf Normalisierung
ausgerichtet ist.“
Trotzdem, so erklärte er, solle man nicht erwarten,
dass diese Debatte in einem einzigen Treffen
erschöpfend behandelt werden könne. „Wie schon
gesagt, werden beide Delegationen die Leitlinien
festsetzen, über die als Teil des
Normalisierungsprozesses diskutiert werden wird.“
Um diese Themen zu analysieren, müsse dass Terrain
vorbereitet werden, müssten Positionen dargelegt
werden, einige Angelegenheiten seien technischer
Natur und äußerst komplex. Sie müssten nach und nach
angegangen werden“, sagte er. „Es wäre anmaßend,
wenn man in einer einzigen Sitzung eine Lösung für
die Blockade erwarten würde.“
„Wir haben tiefgehende Meinungsverschiedenheiten und
unterschiedliche Auffassungen über verschiedene
Themen, aber wir können zusammenleben, wenn wir uns
diese Meinungsverschiedenheiten eingestehen und sie
respektieren“, fügte er hinzu.
Bilaterale Themen und Zusammenarbeit
Ebenfalls am Donnerstag wird man über bestimmte
Bereiche der Kooperation sprechen.
„Wir arbeiten auf einigen Sektoren beiderseitigen
Interesses und des Nutzens für beide Länder
zusammen. Wir müssen die Möglichkeiten umreißen, die
diese bilaterale Kooperation beinhaltet“, sagte der
Diplomat.
Gegenwärtig gebe es unterschiedliche Ebenen der
Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen
Auswanderung zwischen den Grenztruppen und der
Küstenwache sowie bei der Drogenbekämpfung.
Es existiere auch eine Zusammenarbeit bei der
Bekämpfung auslaufenden Erdöls in einem regionalen
Rahmen und es gebe eine von beiden Seiten
unterzeichnete Übereinkunft zur Suche und Rettung
bei havarierten Flugzeugen und Schiffen. Auch hätten
beide Länder begonnen, über die Überwachung von
seismischen Bewegungen zu sprechen.
„Bei diesem Treffen wird Kuba den Vorschlag
erneuern, den es der US-Regierung vor einem Jahr
gemacht hat, einen auf Gegenseitigkeit beruhenden
respektvollen Dialog in Bezug auf die Ausübung der
Menschenrechte zu führen.“ Es bestünden berechtigte
Besorgnisse über die Einhaltung der Menschenrechte
in den Vereinigten Staaten und über Situationen, zu
denen es in diesem Land gekommen sei und die in Kuba
nicht vorkämen.
„All das kann man in einem Dialog auf der Grundlage
von Gegenseitigkeit und Gleichheit der Bedingungen
behandeln“, sagte er.
Er betonte auch, dass die Regierung der Vereinigten
Staaten ihr Interesse bekundet habe, mit der
Zivilgesellschaft Kubas in Verbindung zu treten.
„Wir begrüßen es, wenn sie mit anerkannten
Organisationen, die Teil einer lebendigen
kubanischen Zivilgesellschaft sind, in Verbindung
treten: mit Studenten, Frauen, Bauern, Fachleuten,
Behinderten, Gewerkschaften und anderen.“
Als Nachbarn müssten Kuba und die Vereinigten
Staaten Gebiete beiderseitigen Interesses finden, in
denen man eine Zusammenarbeit zum Wohle beider
Länder, der Region und der Welt entwickeln könne.
Der Diplomat führte aus, dass Kuba und die USA in
eine neue Phase der Beziehungen eintreten und
versuchen sollten, in Zukunft die Fehler der
Vergangenheit nicht zu wiederholen.
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