Vollständiger Text des Editorials der
New York Times
Der
beindruckende Beitrag Kubas im Kampf gegen Ebola
Die
Zeitung zollte in diesem Artikel vom 19. Oktober der
Rolle Kubas im Kampf gegen Ebola Anerkennung und
stellte fest, dass dies der herausragendste Beitrag
aller Nationen sein könnte, die darum kämpfen, dem
tödlichen Virus Einhalt zu gebieten
Kuba
ist eine arme und relativ isolierte Insel. Sie
befindet sich 7.000 Kilometer von den afrikanischen
Ländern entfernt, in denen sich das Ebola-Virus in
einem alarmierenden Rhythmus ausbreitet. Jedoch
könnte Kuba, indem es sich dazu verpflichtet hat,
Hunderte von Ärzten und Pflegefachkräften in das
Zentrum der Pandemie zu schicken, am Ende die
herausragendste Rolle von allen Nationen spielen,
die daran arbeiten, die Ausbreitung des Virus
aufzuhalten.
Der
enorme Beitrag Kubas ist zweifellos Teil seiner
Bemühungen, seinen Status auf der Weltbühne zu
verbessern. Aber auch wenn es so ist, muss man ihm
applaudieren und seinem Beispiel nacheifern.
Die
Panik, die die Epidemie in der Welt hervorgerufen
hat, hat nicht zu einer angemessenen Reaktion in den
Ländern geführt, die die Möglichkeit hätten, Hilfe
beizusteuern. Obwohl die Vereinigten Staaten und
andere Länder ihre Bereitschaft angeboten haben,
Geld zur Verfügung zu stellen, haben einzig und
allein Kuba und einige wenige
Nichtregierungsorganisationen das geliefert, was am
dringendsten gebraucht wird: medizinisches
Fachpersonal, das bereit ist, die Patienten zu
behandeln.
Die
westafrikanischen Ärzte sind dringend auf
internationale Hilfe angewiesen, um
Quarantäne-Stationen aufzubauen und bessere
Mechanismen zur Diagnose in die Praxis umzusetzen,
bevor die Patienten Symptome im fortgeschrittenen
Stadium zeigen. Mehr als 400 medizinische Fachkräfte
haben sich infiziert und ungefähr 4.450 Patienten
sind bereits gestorben. Da schon vereinzelte Fälle
in den USA und Europa aufgetaucht sind, fürchten die
Gesundheitsbehörden, dass das Virus bald eine
Weltkrise verursachen könnte.
Es ist
bedauerlich, dass Washington, der hauptsächliche
finanzielle Unterstützer des Kampfes gegen Ebola,
keine diplomatischen Beziehungen mit Havanna hat, wo
doch Kuba die lebenswichtigste Arbeit leistet. In
diesem Fall hat die Feindschaft Auswirkungen über
Leben oder Tod, da die beiden Hauptstädte nicht über
Mechanismen verfügen, ihre Bemühungen auf hohem
Niveau zu koordinieren.
Für die
Obama-Administration müsste dieses Dilemma den
Gedanken fördern, dass die Früchte einer
Normalisierung der Beziehungen mit Kuba viel mehr
Vorteile als Risiken in sich bergen würden.
Von
allen Ausländern, die in Westafrika arbeiten, werden
die kubanischen Ärzte an exponiertester Stelle tätig
sein und es ist sehr gut möglich, dass sich einige
mit dem Virus anstecken werden. Die
Weltgesundheitsorganisation koordiniert die Arbeit
der Ärzte, aber es ist nicht klar, wie sie die
Behandlung und den Transport jener bewerkstelligen
wird, die sich infizieren. Um Ebola-Patienten zu
transportieren, braucht man Expertenteams und
Flugzeuge, die mit isolierten Kabinen ausgestattet
sind. Die Mehrheit der Versicherungsgesellschaften
hat erklärt, dass man nicht bereit sei,
Ebola-Patienten zu transportieren. Außenminister
John F. Kerry lobte am Freitag den „Mut aller Ärzte,
die sich dieser Herausforderung stellen“ und spielte
dabei kurz auf Kuba an. Die US-Streitkräfte haben
etwa 550 Soldaten geschickt, um die
Gesundheitsbehörden in den betroffenen Ländern zu
unterstützen. Es wäre eine Frage von gesundem
Menschenverstand und Mitgefühl, wenn das Pentagon
den Kubanern Hilfe anböte für den Fall, dass jemand
von ihnen krank wird. Zum Beispiel müssten sie ihnen
Zugang zu dem medizinischen Zentrum gewähren, das
sie in der Hauptstadt Liberias eingerichtet haben,
und bei der Evakuierung erkrankter Ärzte helfen. Es
ist unumgänglich anzuerkennen, dass die Arbeit der
kubanischen Spezialisten zu den weltweiten
Bemühungen beiträgt.
Dafür
unempfänglich, haben die Vereinigten Staaten sich
vor der Aussage gedrückt, ob sie bereit wären,
irgendeine Art von Unterstützung zu leisten.
Angehörige des medizinischen Sektors in Kuba sind
sich der Risiken bewusst, die eine Teilnahme an
gefährlichen Missionen mit sich bringt. Kubanische
Ärzte spielten die Hauptrolle im Kampf gegen die
Cholera nach dem Erdbeben in Haiti im Jahr 2010. Als
einige krank nach Kuba zurückkehrten, musste die
Insel den ersten Ausbruch der Krankheit in einem
Jahrzehnt bekämpfen. Wenn Ebola nach Kuba käme,
würde das eine ernste Herausforderung für die Insel
und die Region bedeuten und dadurch würde das Risiko
steigen, dass sich die Zahl der Fälle in dieser
Hemisphäre explosionsartig erhöht.
Kuba
hat seit Jahrzehnten schon Ärzte und Pflegepersonal
in Katastrophenzonen entsandt. Nach dem Hurrikan
Katrina im Jahr 2005 hatte die Regierung in Havanna
angeboten, medizinische Teams nach New Orleans zu
schicken, die sich der Verletzten annehmen sollten.
Die politische Führung der Vereinigten Staaten wies
dieses Angebot zurück. Aber sie freute sich zu
hören, dass Kuba eine Gruppe für Missionen in Sierra
Leone, Liberia und Guinea mobilisieren würde.
Mit der
technischen Unterstützung der
Weltgesundheitsorganisation ließ die kubanische
Regierung 460 Ärzte und Krankenpfleger in den
strikten Vorsichtsmaßnahmen unterweisen, die bei der
Behandlung von Patienten nötig sind, die ein hoch
ansteckendes Virus in sich tragen. Die erste Gruppe,
bestehend aus 165 Fachleuten, kam vor 10 Tagen in
Sierra Leone an. José Luis di Fabio, der Sprecher
dieses Teams, sagte, dass in der Mannschaft, die
nach Afrika geschickt worden sei, sich Ärzte
befänden, die schon vorher in der Region gearbeitet
hätten, was sie noch wertvoller mache. „Kuba verfügt
über sehr kompetentes Personal“, sagte di Fabio, der
ursprünglich aus Uruguay kommt. Di Fabio fügte
hinzu, dass die Sanktionen, die die Vereinigten
Staaten der Insel auferlegten, im medizinischen
Bereich Schwierigkeiten verursacht hätten, dadurch,
dass verschiedene Zentren über keine modernen Geräte
verfügten und unzureichend versorgt würden.
In
einer Kolumne, die an diesem Wochenende in der
kubanischen Regierungszeitung Granma veröffentlicht
wurde, argumentierte Fidel Castro, dass die
Vereinigten Staaten und Kuba ihre Differenzen
beiseite legen müssten, und sei es auch nur
zeitweilig, um eine globale Bedrohung zu bekämpfen.
Er hat
völlig Recht.
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